So, hier der versprochene Artikel samt Foto.  Ich hoffe, das passt so!

Liebe Grüße,

Andreas


Wie das Inforz zu seinem Schriftzug und die Fachschaft zu ihrem “Bengel”-Logo kam

Vor 30 Jahren bekam das Inforz zum ersten Mal den markanten Schriftzug auf seiner Titelseite – und einen Bengel mit Maschinenpistole, der zum Fachschafts-Logo werden sollte.  Wie es dazu kam, erzählt Andreas Zeller, damals Inforz-Redakteur.

Das Foto zeigt mich inmitten einer Sammlung von Inforz-Ausgaben der Jahre 1986 bis 1990, aus meinem eigenen Informatik-Studium an der TU Darmstadt.  Damals war das gedruckte Inforz die wichtigste Informationsquelle für uns Informatik-Studierende, so wichtig, wie man es heute kaum nachvollziehen kann: Web, E-Mail, Mobiltelefone, überhaupt Zugang zum Internet sollten für Studis ja erst viele Jahre später kommen.  Das Inforz zum Semesterbeginn gab Studienanfängern Infos zu Orientierungsphase, Vorlesungen, und Studium; während des Semesters brachte das Inforz aktuelle Informationen aus dem Fachbereich, aber auch gesellschaftspolitische Themenhefte zu Datenschutz oder militärischen Nutzung der Informatik.  Ein Heft konnte gerne 30 Seiten und mehr umfassen.

Schon in der Schule hatte ich an Schülerzeitungen mitgearbeitet, und so meldete ich mich gerne, als die Fachschaft 1986 einen neuen Redakteur für das Inforz suchte.  Heute würde man eine Zeitung wie das Inforz komplett am Computer erstellen, doch die damaligen Satz- und Layout-Programme gab es nur auf hochspezialisierten Computern, die an der Uni nicht verfügbar waren.  Immerhin hatten einige von uns Zugang zu Text-Terminals, LaTeX, Nadeldruckern, und Fotokopierern.

Jeder Artikel kam zu uns erst einmal in Papierform.  Aus diesen Papieren haben wir dann Seite um Seite der Zeitung montiert.  Das bedeutete: Ein großes, leeres, A3- oder A4-Blatt nehmen, und darauf dann den Artikeltext aufkleben – mit einem Montagekleber namens Fixogum, der für einige Minuten ein Verschieben ermöglichte, bevor die Verbindung fest wurde.  War das Material nicht in der richtigen Größe, haben wir es mit einem Fotokopierer herauf- oder herunterkopiert.  (Wir haben sehr sehr viel am Kopierer gestanden).  Bis eine Ausgabe in die Druckerei ging (als ein Stapel von A4-Seiten), konnten ein bis zwei Nachmittage vergehen, mit bis zu einem knappen Dutzend Leute, die an einem großen Tisch ununterbrochen am Schnippeln, Kleben, Zeichnen, und Schreiben waren.  Dazu gab es den starken Fachschaftskaffee.

Bei “meiner” ersten Ausgabe zum Herbst 1986 hatte ich das Vergnügen, die Titelseite zu gestalten.  Bis dahin war es üblich, dass jede Ausgabe einen eigenen Schriftzug bekam. Meine Handschrift war schön genug, um daraus mit einem breiten Edding-Stift einen schwungvollen “Inforz”-Schriftzug aufs Blatt zu werfen.  Der dritter Versuch kam auf den Titel, und so ging die Ausgabe in den Druck.

Bei der nächsten Ausgabe waren wir in Zeitnot, und statt einen neuen Schriftzug zu gestalten, schlug ich vor, einfach den der vorherigen Ausgabe zu übernehmen (per Ausschneiden und Einkleben, natürlich).  Bei der dritten Ausgabe taten wir wieder dasselbe, da sich der neue Schriftzug ja bereits bei den beiden bisherigen Ausgaben “etabliert” hatte.  Mit der vierten Ausgabe verschwand noch die ursprüngliche Schleife unter dem “z”, und so bekam das Inforz den Titelzug, der 30 Jahre Bestand haben sollte.

Die Ausgaben enthielten aber nicht nur Text – es gab ja immer weiße Stellen, die gefüllt werden wollten.  Einige von uns waren gut im Zeichnen, vor allem aber hatten wir ein telefondickes Buch voll mit Schwarz-Weiß-Zeichnungen, fertig zum Herauskopieren.  Hinzu kamen Comics, vor allem ein Buch von Gerhard Seyfried “Wo soll das alles enden”, übervoll mit Cartoons aus dem linksalternativem-anarchistischen Milieu. Hieraus haben wir Seiten kopiert, die gewünschten Cartoons ausgeschnitten, und passend aufgeklebt – mit Fixogum natürlich.

Für die Weihnachtsausgabe 1986 ergab es sich, dass über dem Inforz-Schriftzug über dem “n” noch ein Weißraum war, der gefüllt werden wollte; und da griff ich zu einer eben dieser Seyfried-Zeichnungen, nämlich einem grinsenden kleinen Bengel mit Maschinenpistole auf einem Hocker,  Mit Weihnachten hatte dies nichts zu tun, mit Informatik auch nicht; der Bengel war einfach süß und subversiv, und er hatte die richtige Größe.  Ich kann nicht behaupten, dass ich oder irgendjemand am Tisch sich über die Wahl mehr als zwei Sekunden Gedanken gemacht hätte.  In späteren Inforz-Ausgaben kopierten wir den “Bengel” zusammen mit dem Schriftzug, und so wurde er langsam zum festen Bestandteil der Titelseite.

Das erregte dann irgendwann Missfallen.  Ein Student fragte in einem Brief, ob die Fachschaft mit dieser Zeichnung Gewalt und vielleicht sogar Terrorismus verharmlosen wolle. (Die Maschinenpistole vor rotem Stern war auch das Logo der Roten Armee Fraktion, die damals in Deutschland Attentate verübte.)  Wir antworteten, dass der Bengel für die noch junge Wissenschaft Informatik stünde, die sich ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft nicht immer bewusst sei – und die große Schäden anrichten könne, eben wie ein kleines Kind mit Maschinenpistole.  Durch diese nachträgliche Deutung hatte sich die Fachschaft offiziell zum Bengel als ihr Symbol bekannt, und so fand er sich bald auch auf Plakaten, T-Shirts und Briefbögen.

Dass die Informatik die Gesellschaft tatsächlich nachdrücklich geprägt hat und sie weiter verändert, ist seitdem wahr geworden – und der “Bengel” mahnt uns genauso wie vor 30 Jahren, uns unserer Verantwortung bewusst zu werden.  Dass sowohl Schriftzug als auch Bengel die Zeit überdauert haben, erfüllt mich trotzdem mit großem Erstaunen und kleinem Stolz. Ich bin ja mittlerweile Doktor und Professor geworden (wie übrigens einige aus der damaligen Fachschaft); aber wenn mich Leute nach meiner Uni-Arbeit fragen, die am längsten Bestand hatte, verweise ich gerne auf Inforz-Schriftzug und Bengel, wie sie vor 30 Jahren entstanden.




On 02.04.2016, at 03:28, Tobias Otterbein <tobias.otterbein@fachschaft.informatik.tu-darmstadt.de> wrote:

Hallo Andreas,

da unser Redaktionsschluss langsam naht, wollte ich nachfragen, wie weit du mit deinem Inforzartikel bist.

Viele Grüße
Tobias

Am 19.02.2016 um 15:36 schrieb Andreas Zeller:
Ok.  Ich melde mich Ende März mit einem fertigen Artikel.

Beste Grüße,

Andreas Zeller

On 16.02.2016, at 16:01, Nadja Geisler <nadja.geisler@fachschaft.informatik.tu-darmstadt.de> wrote:

Hi Andreas,

ich fände das echt super. Insbesondere wenn man bedenkt, dasss wir gerade zur Einführung eines neuen Logos viel über das Wesen gesprochen haben (aber die Geschichte des Schriftzugs kenne sogar ich nicht). Zeit hätte das Ganze mindestens bis zum Beginn der nächsten Vorlesungszeit/Anfang April. Seitenmäßig haben wir Platz, ich glaube wir hatten dieses Semester bis zu 6 Seiten für einen Artikel und die Jubiläumsausgabe darf ruhig länger sein als eine normale. Also: nur zu.

Grüße
Nadja

On 16/02/16 15:38, Andreas Zeller wrote:
Hi Jungs und Mädels,

Ich kann Euch erzählen, wie der Inforz-Schriftzug und der Bengel mit der Kalaschnikov aufs Cover kamen – das hatte ich nämlcih als Inforz-“Chefredakteur” um 1986 zu verantworten.  Bis wann braucht Ihr denn was, und in welchem Format?  1–2 Seiten, ergänzt um Fotos/Scans von historischen Covern?

Beste Grüße,

Andreas Zeller


On 05.02.2016, at 14:56, Tobias Otterbein <tobias.otterbein@fachschaft.informatik.tu-darmstadt.de> wrote:

Hallo zusammen,

im Januar 1976 erschien die allererste Ausgabe des Inforz. Nun sind 40
Jahre vergangen. Daher möchten wir gerne zu Beginn des neuen Semesters
eine Jubiläumsausgabe herausbringen.

Für diese Jubiläumsausgabe brauchen wir Ideen und Vorschläge für neue
Artikel und Texte und Artikel aus alten Ausgaben. Falls ihr aus (sehr)
alten Ausgaben tolle Artikel und andere Dinge kennt, die auch heute
(wieder) relevant oder interessant sind, tragt sie in dieses [1] Pad
ein. Auch cool wären Texte und Artikel von Personen, die ihr Studium
schon abgeschlossen haben (Ehemallige) und vielleicht Dinge aus grauer
Vorzeit live mitbekommen haben. Alte Inforzausgaben findet ihr übrigens
in den Ordnern in D120 oder unter [2].

Ich freue mich auf zahlreiche Rückmeldungen ;-)

Viele Grüße
Tobias

[1]: http://d120.de/pubpad/40jahre
[2]: http://d120.de/studenten/inforz/alte-ausgaben/

--
Tobias Otterbein
Fachschaft Informatik
Technische Universität Darmstadt

Gebäude S2|02 Raum D120
Hochschulstraße 10
64289 Darmstadt

Telefon: +49 6151 16-5437 (neu ab 7.2.: 16-25522)

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