Studieren mit Behinderung und chronischer Krankheit: Noch keine „Hochschule für Alle“

 

 

Berlin, 4. Juni 2012. Viele Studierende haben aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen Schwierigkeiten mit den zeitlichen und formalen Vorgaben des Studiums, zum Beispiel mit der hohen Prüfungsdichte, der starren Abfolge von Modulen oder den Anwesenheitspflichten. Lehrende gehen oft zu wenig auf beeinträchtigungsbedingte Belange ein, oft fehlen notwendige Unterstützungen wie Skripte in barrierefreier Form. Beratungsangebote und Nachteilsausgleiche sind zwar hilfreich, werden aber zu wenig genutzt, zumeist weil Studierende nicht von den Möglichkeiten wissen oder sich nicht outen wollen. Fast drei Viertel der Studierenden haben beeinträchtigungsbedingte Zusatzkosten; 15% haben massive Probleme, ihre Studienfinanzierung zu sichern.

 

Das geht aus einer neuen Untersuchung des Deutschen Studentenwerks (DSW) hervor, die dessen Präsident Prof. Dr. Dieter Timmermann heute in Berlin vorstellte. „Auf dem Weg zu einer ‚Hochschule für Alle‘ ist noch viel zu tun“, bilanzierte Timmermann.

 

Mehr als 15.000 betroffene Studierende hatten sich an der DSW-Befragung im Sommer 2011 beteiligt. Für 12% von ihnen wirken sich Bewegungs- oder Sinnesbeeinträchtigungen studienerschwerend aus. Der weit überwiegende Teil studiert mit psychischen und chronisch-somatischen Erkrankungen.

 

6% der Befragten haben Legasthenie oder eine andere Teilleistungsstörung. Sie sind erstmalig als eigene Gruppe in dieser Studie erfasst. Fast zwei Drittel der Befragten geben starke oder sehr starke Studienerschwernisse an.

 

Die DSW-Untersuchung „beeinträchtigt studieren“ ist die erste umfassende bundesweite Befragung von Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit; derzeit sind dies 8% aller Studierenden. Wissenschaftlich durchgeführt wurde die Befragung vom Institut für Höhere Studien (IHS) Wien, finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

 

 

Die Studie zum Download (628 Seiten, 6,5 MB):

http://www.studentenwerke.de/pdf/Beeintraechtigt_Studieren_Datenerhebung_01062012.pdf

 

Barrierefreie Fassung der Studie:

www.best-umfrage.de

 

DSW-Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS):

www.studentenwerke.de/behinderung

 

 

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Studieren mit nicht-sichtbarer Beeinträchtigung: Tabu-Thema an deutschen Hochschulen

 

 

Berlin, 4. Juni 2012. Wie aus einer heute in Berlin vorgestellten Untersuchung des Deutschen Studentenwerks (DSW) hervorgeht, ist bei 94% der Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit ihre gesundheitliche Beeinträchtigung nicht auf Anhieb erkennbar. Die Mehrzahl der beeinträchtigten Studierenden bleibt unerkannt, wenn sie es will. Das gilt vor allen Dingen für die Studierenden mit psychischen und chronisch-somatischen Erkrankungen sowie jene mit Legasthenie oder anderen Teilleistungsstörungen.

 

Wie die neue DSW-Studie „beeinträchtigt studieren“ zeigt, verzichten Studierende mit nicht-sichtbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen oft auf erforderliche Nachteilsausgleiche im Studium oder bei Prüfungen, obwohl sie ihnen rechtlich zustünden. Viele glauben, nicht anspruchsberechtigt zu sein, wollen nicht, dass ihre Behinderung oder chronische Krankheit bekannt wird, oder lehnen eine „Sonderbehandlung“ ab. Aus denselben Gründen verzichten viele von ihnen auch auf Beratung.

 

„Studierende, denen man ihre Beeinträchtigungen nicht ansieht, haben oft mit Vorurteilen zu kämpfen“, kommentiert DSW-Präsident Prof. Dr. Dieter Timmermann. „Mit einer nicht-sichtbaren Behinderung oder chronischen Krankheit zu studieren, scheint ein Tabu zu sein an deutschen Hochschulen.“

 

Timmermann fordert einen Ausbau der Beratungsstellen von Hochschulen und Studentenwerken, eine Flexibilisierung der Studien- und Prüfungsordnungen sowie eine stärkere Sensibilisierung aller Beschäftigten an Hochschulen und Studentenwerken.

 

„Es geht darum, allen Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gerecht zu werden. Studierende mit nicht-sichtbaren Beeinträchtigungen müssen besser erreicht und individuell unterstützt werden. Sie müssen ermutigt werden, Beratungsangebote und rechtliche Kompensationsmöglichkeiten besser zu nutzen“, so Timmermann.

 

Mehr als 15.000 behinderte und chronisch kranke Studierende von 160 Hochschulen in Deutschland beteiligten sich im Sommer 2011 an der Online-Befragung „beeinträchtigt studieren“ des Deutschen Studentenwerks. Sie wurde wissenschaftlich durchgeführt vom Institut für Höhere Studien Wien und finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Es ist die erste bundesweite Befragung von Studierenden mit Behinderung und chronischen Krankheiten, die 8% der Studierenden ausmachen.

 

 

Die Studie zum Download (628 Seiten, 6,5 MB):

http://www.studentenwerke.de/pdf/Beeintraechtigt_Studieren_Datenerhebung_01062012.pdf

 

Barrierefreie Fassung der Studie:

www.best-umfrage.de

 

DSW-Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS):

www.studentenwerke.de/behinderung

 

 

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Beratung für behinderte und chronisch kranke Studierende ausbauen!

 

 

Berlin, 4. Juni 2012. Prof. Dr. Dieter Timmermann, der Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW), sieht sich durch die heute in Berlin vorgestellte DSW-Studie „beeinträchtigt studieren“ in seiner Forderung an die Länder bestätigt, die Studentenwerke beim Ausbau ihrer Beratungsstellen endlich stärker zu unterstützen.

 

„Studierende bewerten die behinderungsspezifischen Beratungsangebote von Hochschulen und Studentenwerken mehrheitlich als hilfreich“, so Timmermann. „Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass gerade chronisch kranke Studierende sich von den bestehenden Beratungsangeboten nicht angesprochen fühlen.“ Nur 24% der Befragten nähmen Beratungsangebote überhaupt in Anspruch.

 

„Die studienbegleitende Beratung muss ausgebaut, muss diversifiziert und gerade auch auf die Gruppe von Studierenden mit nicht-sichtbaren Beeinträchtigungen wie Teilleistungsstörungen oder chronisch-somatischen Erkrankungen ausgeweitet werden“, fordert Timmermann.

 

Timmermann: „Die Länder müssen generell ihre soziale Verantwortung gegenüber ihren Studierenden wahrnehmen, erst recht gegenüber den Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.“

 

Insgesamt bieten 43 der 58 Studentenwerke psychologische Beratung für Studierende an, viele in enger Kooperation mit den Hochschulen. 53 Studenten­werke bieten Beratung zu behindertenspezifischen Themen, in 13 Studentenwerken erfolgt diese Beratung im Rahmen zielgruppenspezifischer Angebote. 8% der Studierenden haben eine Behinderung oder chronische Krankheit.

 

Auch wenn einige wenige Länder ihre Zuschüsse an die Studentenwerke im letzten Jahr wieder leicht gesteigert haben, geht der Trend in die andere Richtung: Nach DSW-Angaben machten die Landeszuschüsse oder Finanzhilfen der Länder an die Studentenwerke zum laufenden Betrieb mit 140,6 Millionen Euro im Jahr 2010 nur noch 10,3% der Gesamteinnahmen der Studentenwerke aus. Anfang der 1990er Jahre waren es noch mehr als 24%.

 

 

Die DSW-Studie „beeinträchtigt studieren“ zum Download (628 Seiten, 6,5 MB):

http://www.studentenwerke.de/pdf/Beeintraechtigt_Studieren_Datenerhebung_01062012.pdf

 

Barrierefreie Fassung der Studie:

www.best-umfrage.de

 

Homepage der Befragung:

www.best-umfrage.de

 

 

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„Mein Leben, mein Studium, meine Beeinträchtigung“

 

 

Berlin, 4. Juni 2012. „...stehen Sie einmal allein vor einem Dozenten, der sich weigert, Ihnen zu helfen, und finden Sie dann noch die richtigen Worte. Es ist jedes Mal demütigend, diskriminierend und es verschlägt einem die Sprache“, berichtet Katrin Dinges, 26. Sie studiert Deutsche Literatur und Europäische Ethnologie an der Humbolt-Universität zu Berlin. Katrin Dinges hat das Alström-Syndrom, eine Mehrfachbehinderung in Form von Blindheit, Schwerhörigkeit sowie weiteren körperlichen Einschränkungen.

 

„Mir kam nie in den Sinn, mein Studium wegen der Krankheit zu beenden. Dann hätte ich zugelassen, dass die Krankheit mein Leben komplett bestimmt und Entscheidungen für mich trifft“, erzählt Katrin Eisenhofer, 30, die gerade ihr Soziologie-Diplom an der Ludwig-Maximilians-Universität München macht und Multiple Sklerose (MS) hat.

 

„Mein größtes Problem im Studium ist der Zugang zu den Skripten der Professoren“, sagt Tim Alexander Lofi, 21. Er ist hörbehindert und studiert Audiovisuelle Medien an der Hochschule der Medien in Stuttgart.

 

Katrin Dinges, Katrin Eisenhofer und Tim Alexander Lofi sind drei von sieben Studierenden, die in der Sonderpublikation „beeinträchtigt studieren“ des Deutschen Studentenwerks (DSW) unter der Überschrift „Mein Leben – mein Studium – meine Beeinträchtigung“ von ihrer Studiensituation berichten.

 

Die Sonderpublikation fasst die Ergebnisse einer Online-Befragung von  mehr als 15.000 Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit zusammen, die das Deutsche Studentenwerk im Sommer 2011 vom Institut für Höhere Studien Wien wissenschaftlich durchführen ließ. Finanziert wurde die Datenerhebung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

 

 

Die 12seitige Sonderpublikation mit den sieben Studierenden zum Download:

http://www.studentenwerke.de/pdf/Beeintraechtigt_Studieren_01062012.pdf

 

Die Auswertung der Online-Befragung „beeinträchtigt studieren“ zum Download (628 Seiten, 6,5 MB):

http://www.studentenwerke.de/pdf/Beeintraechtigt_Studieren_Datenerhebung_01062012.pdf

 

Barrierefreie Fassung der Studie:

www.best-umfrage.de

 

 

 

 

Stefan Grob

Referatsleiter Presse/Kultur

Stellvertreter des Generalsekretärs

Deutsches Studentenwerk

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