Pressemitteilung der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) vom 3. April 2009
GI fordert ernsthafte Verfolgung von Kinderpornografie
Bonn, 3. April 2009 Die GI fordert die Strafverfolgungsbehörden
nachdrücklich auf, Straftäter gem. § 184 b des Strafgesetzbuches (StGB)
"Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften" wirksam zu
verfolgen: Der Schutz unserer Kinder ist unsere allererste Pflicht, nicht
nur durch die Familie, sondern auch durch den Staat. Dazu müssen die
Strafverfolgungsbehörden die Strafverfolgung auch im Ausland intensivieren
und mit den einschlägigen Behörden in anderen Staaten zusammenarbeiten.
Bereits heute verfolgen Staatsanwaltschaften (Schwerpunktstaatsanwaltschaft
für Kinderpornografie Halle) Straftaten und auch die Kommission für
Jugendmedienschutz (KJM) sowie Ordnungsbehörden gehen gegen einschlägige
Diensteanbieter und gegen den Host-Provider vor und lassen auch Webseiten im
Ausland sperren.
Allerdings will die Bundesregierung nun in Zukunft ebenfalls
behördenbekannte internationale Internet-Adressen, auf denen
Kinderpornografie (in Wort und Bild) gespeichert ist, durch das
Bundeskriminalamt (BKA) in Deutschland sperren lassen. Dazu sollen sich die
deutschen Internet Service Provider (ISP) in einem Vertrag mit dem
Bundeskriminalamt (BKA) verpflichten. Die Sperrung soll durch die ISP
entsprechend einer täglich aktualisierten Internet-Adresslisten des BKA
erfolgen.
Die GI ist der Überzeugung, dass solche Sperrungen von WWW-Adressen nicht
nur wenig hilfreich, sondern überwiegend schädlich sind. Vielmehr sollten
alle auf diese Internetseiten zugreifenden Straftäter unverzüglich verfolgt
werden.
Die Sperrung von Webseiten ist keine sinnvolle Maßnahme der Strafverfolgung.
Es reicht keinesfalls aus, den Zugriff auf pädophile Inhalte im Internet zu
erschweren. Vielmehr muss von vornherein verhindert werden, dass solche
Inhalte überhaupt erstellt und dann auch noch veröffentlicht oder
weitergegeben werden. Sperrungen bewirken nicht, dass diejenigen, die
Verbrechen an Kindern begehen, gefasst und verurteilt werden. Dies können
nur Polizei und Staatsanwaltschaften erreichen.
Die Sperrung von Webseiten kann einen ordnungswidrigen Zustand beseitigen,
sofern dadurch der Zugriff auf Seiten mit kinderpornografischen Inhalten
wirksam verhindert würde. Aber an dem Erreichen dieses Ziel bestehen
erhebliche Zweifel. Die Weitergabe kinderpornografischer Inhalte erfolgt
nicht oder kaum über Webseiten. Tatsächlich kann im Internet nicht direkt
auf Kinderpornografie zugegriffen werden. Die Adressen sind meist nur
Eingeweihten bekannt und zugegriffen wird hauptsächlich in geschlossenen
Benutzergruppen über Peer-to-Peer Netzwerke. Vielfach erfolgt die
Verbreitung auch über Mobiltelefone.
Eine Sperrung behördenbekannter Server durch das BKA lenkt von der
unzureichenden Strafverfolgung der Täter nur ab zumal diese Sperrungen
bisher ja schon durch die Staatsanwaltschaften und die Kommission für
Jugendmedienschutz (KJM) sowie Ordnungsbehörden erfolgen.
Zwar werden durch nationale Sperrungen viele Zugriffe auf inkriminierte
Seiten unterbunden, doch trifft diese Verhinderung nur Bürger, die diese
Sperren nicht zu umgehen wissen. Interessenten an Kinderpornografie
besitzen meist sehr viel Technikerfahrung und werden diese Sperren sehr
schnell zu umgehen wissen. Sollten auf den gesperrten Webseiten
kinderpornograhische Inhalte angeboten werden, werden diese schnell auf
andere Webseiten verlagert ggf. auch in andere Länder.
Die tatsächlich interessierten Pädophilen können die von der Bundesregierung
vorgesehenen Sperrmaßnahmen also relativ leicht umgehen und sich durch
einfache (im Internet öffentlich nachlesbare!) technische Maßnahmen
unerkannt und z.B. über Anonymisierungsserver oder ausländische Provider
Zugriff auf Kinderpornografie verschaffen, so dass die Sperrmaßnahmen der
ISP nicht die beabsichtigte Wirkung zeigen werden.
Eine vollständige Blockade ist wegen der dezentralen Struktur des Internets
nicht möglich. Sie wäre nur zu erreichen, wenn das Internet grundsätzlich
umgestaltet wird. Sollte dies gewollt sein, müsste dieses viel weitergehende
politische Ziel in der öffentlichen Debatte klar benannt werden.
Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) fordert die Behörden daher
nachdrücklich auf, unverzüglich gegen die ihnen bekannten Provider von
Kinderpornografie strafrechtlich vorzugehen, die relevanten und
behördenbekannten Server unverzüglich stilllegen zu lassen und ebenfalls
gegen alle diejenigen strafrechtlich vorzugehen, die kinderpornografische
Inhalte abrufen und tauschen.
Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist eine gemeinnützige
Fachgesellschaft zur Förderung der Informatik in all ihren Aspekten und
Belangen. Gegründet im Jahr 1969 ist die GI mit ihren heute rund 24.500
Mitgliedern die größte Vertretung von Informatikerinnen und Informatikern im
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Bei Abdruck Belegexemplar erbeten. Vielen Dank!
Cornelia Winter
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